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Im Dienst der Klangfarbe

Zum Weihnachtskonzert in der Stadtkirche – Musik der Romantik

Das Weihnachtskonzert in der Stadtkirche in Bayreuth stieß auf ein enormes Interesse: Schon weit vor Konzertbeginn standen die Besucher Schlange, um die letzten Karten zu ergattern. Leider mussten viele abgewiesen werden, da die Kirche bereits bis auf den letzten Platz gefüllt war. Pfarrer Martin Kleineidam bat dafür um Verständnis und wies bei seiner Begrüßung auf einen denkwürdigen Anlass hin: Nach acht Jahren Renovierung sei die Stadtkirche nun seit dem ersten Advent wieder geöffnet und die Begeisterung darüber verständlicherweise sehr groß. Eine derartige Aufbruchsstimmung und die Freude über das „Wunder von Weihnachten“ seien auch in der Musik der französischen Komponisten des Konzertabends erlebbar.

So begann der erste Programmpunkt, die Sinfonie Nr. 1 in d-Moll für Orgel und Orchester von Félix Alexandre Guilmant (1837 – 1911), mit einem furiosen Auftakt der Orgel, die mit ihrem pompösen Klangvolumen einen feierlichen Anfang schuf und den Kirchenraum erfüllte. Das Sinfonieorchester der Universität von Bayreuth griff jenen majestätischen Beginn bei ihren Einsätzen im Fortissimo auf und trat in einen Dialog mit der Orgel ein. Dabei spiegelte sich die Vorliebe des Komponisten für Alte Musik und für das Instrument Orgel in der Weise im Werk wider, dass das Soloinstrument in einer sehr interessanten Farbigkeit mit dem Orchester in eine Korrespondenz trat.

Der zweite Satz der Komposition bot dem Konzertbesucher ein ganz anderes Hörerlebnis, als die Orgel, vorwiegend im Legato spielend, in verwobenen Melodielinien mit dem Orchester kommunizierte. Das so eindringliche und sensible Dirigat von Albert Hubert brachte das Orchester mit dem Solisten zu einer harmonischen Einheit. Besonders hervorzuheben ist dabei die musikalische Hingabe und Perfektion des Universitätsorchesters. Michael Dorn, der Stadt- und Bezirkskantor, hat an der Orgel hier wahrlich Großartiges geleistet: Punktgenau und exakt, gleichzeitig aber auch einfühlsam gelang ihm der so anspruchsvolle Solo-Part, wobei vor allem im letzten Satz das virtuose Orgelspiel mit den so exakten Einwürfen der Pauke beeindruckte.

Ähnlich wie beim ersten Programmpunkt stand auch beim Weihnachtsoratorium von Camille Saint-Saëns (1835 - 1921) das Spiel mit den Klangfarben und weniger der strukturelle Aufbau im Vordergrund. Die Texte aus der Weihnachtsliturgie des Lukasevangeliums sind mit Psalmen aus dem Alten Testament zusammengestellt und in eine für den Hörer allerdings etwas beziehungslose Reihenfolge gebracht. Der Reiz der Komposition erschließt sich auch hier aus der Besetzung und den hiermit kombinierten Klangstrukturen. Dabei musizierten fünf Gesangssolisten – Sopran, Mezzosopran, Alt, Tenor und Bariton – mit einem vierstimmigen gemischten Chor, Streichorchester, Harfe und Orgel.

Der optische Eindruck des so gewaltigen Chores, der sich aus dem Universitätschor, den Sängern des Richard-Wagner-Gymnasiums, der Sängerschaft Franco-Palatia und des Kaiser-Heinrich-Chors aus Bamberg zusammensetzte, war beeindruckend. Umso mehr muss die Präzision der Sänger hervorgehoben werden, wobei der so tragfähige Klang in den Frauen- und Männerstimmen auf eine differenzierte Stimmbildung schließen lässt. Das Universitätsorchester begleitete mit bereits gewohnter Souveränität, wobei Kantor Michael Dorn erneut einen so wichtigen Part an der Orgel übernahm. Eine ganz besondere Klangfarbe verlieh Susanne Vetter an der Harfe, die sehr kurzfristig eingesprungen war und dennoch mit großer Perfektion musizierte.

Die Solisten Iris Meier, Johanna Sander, Elisabeth Pagan, Stefan Romankiewicz und Ralph Heiligtag waren stimmlich auf harmonische Art und Weise aufeinander abgestimmt und präsentierten sich facettenreich, erfreulicherweise ganz ohne Starallüren. Dirigent Florian Mehling meisterte eine große Herausforderung mit Bravour und erntete zu Recht große Anerkennung. Mit jugendlichem Überschwang und einer so spürbaren Freude am Musizieren hatte er eine Vielzahl von Musikern zusammengeführt und ein harmonisches Miteinander erreicht. Beim Schlusschor Tollite hostias wurde es deutlich: dies war ein Konzertabend so ganz im Dienste der Klangfarbe.

Barbara Fries